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“Wenigstens soll man den schädlichen Jargon, in welchem meistens die deutschen Zeitungen
geschrieben sind, öffentlich stigmatisieren als Zeitungsdeutsch, mit der Verwarnung der Jugend, dass
sie nicht Grammatik und Orthografie aus diesen Publikationen erlerne, vielmehr daraus ersehe, wie
man nicht schreiben soll.“
(Arthur Schopenhauer, Philosoph)
Die journalistische Tätigkeit wird als die Leistung von geistiger Arbeit definiert, die sich an
die Sammlung, Kommentierung und Verarbeitung von Informationen wendet. Die
Informationen sollen zum Gegenstand von zwischenmenschlicher Kommunikation durch die
Informationsorgane werden. Deswegen gestaltet sich der Journalist als ein intellektueller
Vermittler zwischen den Tatsachen und die Verbreitung von ihrem relativen Wissen. Der
journalistische Beruf unterscheidet sich von anderen intellektuellen Berufen genau aufgrund
einer Rechtzeitigkeit von Informationen, die die Bürger dazu anregen muss, Wissen und
Bewusstsein von würdigen Problemen zu übernehmen. Diese Probleme brauchen für ihre
Neuheit die gebührende Aufmerksamkeit und Beachtung. In dieser Definition stellt das
Publikum einen wesentlichen Anhaltspunkt für den journalistischen Beruf dar: Eine
Nachricht wird geschrieben, um veröffentlicht zu werden. Die Medien sind vielfältig: Von
Zeitungen bis zu elektronischen Informationsmitteln wie Radio, Fernsehen und Internet.
In der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts stand der Journalismus – zusammen mit
der Pressefreiheit - im Brennpunkt der wichtigsten Schlachten: Der Ausgangspunkt war,
dass ein Verlagswesen frei von jeglicher Konditionierung eine Zivilgesellschaft und ein
besseres Zusammenleben garantieren kann. Nicht umsonst wurde der Journalismus die
„vierte Gewalt“ genannt (nach der Legislative, Exekutive und Judikative) aufgrund der
Bedeutung, die er von jeher in der Zivilgesellschaft bekleidet und für die mächtigen
Interessen, die er beinhaltet. Trotzdem ist derselbe Journalismus eine Quelle von
Zweideutigkeit: Die Zeitungen sind zur gleichen Zeit die "Hüter" der Demokratie, aber sie
sind auch der Redaktions- und Markt-Logik unterworfen. Daraus zieht man den Schluss, dass
eine unabhängige und unparteiliche Information nicht existiert, sondern nur ein
theoretisches Ziel bleibt.
In dieser Bachelor-Arbeit werden einige Thematiken abgehandelt, die den Journalismus
betreffen.
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Beim Lesen jedes Textes neigt man dazu, ihn unbewusst zu klassifizieren. Das gleiche gilt für
die journalistischen Texte. Im ersten Teil wird daher die Klassifizierung der journalistischen
Genres behandelt und wie sie sich weiterentwickelten durch eine Vermischung miteinander,
woraus neue Genres entstanden. Das wesentliche Genre wird von der Nachricht
repräsentiert, die die Berichterstattung von Vorgängen betreut, ohne sie zu kommentieren.
Im Laufe der Jahre ist jedoch der Auslegungsfaktor immer wichtiger geworden angesichts
der praktischen Unmöglichkeit, die Nachrichten zu berichten, ohne eine weitere Erklärung
für den Leser abzugeben. Natürlich liegt dabei die ursprüngliche Trennung zwischen
Kommentar und Fakten nicht mehr vor. Infolgedessen ist ein Universum von Genres
entstanden, die bestimmten Kommunikationsbedürfnisse der Journalisten gegenüber den
Lesern entsprechen soll: Die Wirklichkeit wird vom Journalist gefiltert, der eine
Interpretation zum Vorteil der Leser bietet.
Ein weiterer Teil der Arbeit befasst sich mit der in den Medien verwendete Sprache, die
bestimmte Merkmale aufweist, die von der Alltagssprache abweichen. Nicht selten gibt es
eine Versetzung von einigen zu bestimmten Fachsprachen gehöhrenden Konstruktionen in
anderen Wissensbereichen, die eine "Verseuchung" der Sprache verursacht. In der
Medienlandschaft fällt die Pressesprache insbesondere ins Gewicht. Die Sprache der
Zeitungen ist ein lebender Gegenstand, der sich mit der Alltagsrealität konfrontiert. Es geht
um die Zeitungssprache, um ihre Fähigkeit, Gedanken und Handlungen zu konditionieren
und um ihre besonderen morphosyntaktischen Konstruktionen, die festgelegte redaktionelle
Anforderungen erfüllen müssen und die nicht nur deswegen von persönlichen stilistischen
Entscheidungen abhängen. Innerhalb dieses Sprachcodes entwickeln sich verschiedene
Untercodes und Jargons, da der Journalismus verschiedene Arten von Nachrichten umfasst,
die eine angemessene Sprachanwendung erfordern, wie beispielsweise die wirtschaftliche
Nachricht.
Im abschließenden Teil, der den Titel "Neue Medien" trägt, geht es um die Verbreitung der
neuen Kommunikationsmittel in den letzten zwanzig Jahren und darum, wie diese einen
großen Einfluss auf die Journalisten und auf die Tätigkeit des Journalismus haben. Die
Multimedialität hat einen Wandel in der Nachricht verursacht, die, ausgehend von jeglichem
im Internet anwesenden Artikel bis ins Unendliche durch den Verweis auf andere
„Werkzeuge“ wie Blogs und soziale Netzwerke verbunden werden kann. Im Internet wird
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auch eine ständige, praktisch unbegrenzte Aktualisierung der Nachrichten angeboten.
Wegen einer Reihe von Gründen, die erläutert werden, könnten die traditionellen auf Papier
gedruckten Zeitungen ihre dominierende Rolle, die ununterbrochen seit einem Jahrhundert
anherrscht, zugunsten von neuen Technologien verlieren.
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1. Kapitel: Die journalistischen Textsorten
1.0 Einleitung
Genres sind stilistische und strukturelle Antworten auf die verschiedenen expressiven
Bedürfnisse der Menschen und journalistische Genres treffen die expressiven Bedürfnisse
des Journalismus und erleichtern das Verstehen von Texten. Sie erfüllen eine unabdingbare
Funktion in der journalistischen Tätigkeit, sie vereinfachen den Schreibprozess und bieten
Modelle, Formeln, in denen die Informationen im Profibesitz zusammentreffen. In der
professionellen Tätigkeit wirken Genres als Bezugspunkte. Auch die journalistische Tätigkeit
bedient sich der Gattungen, die sich verändern und sich an die Bedürfnisse und an die
Umstände der jeweiligen Epoche anpassen. Die verschiedenen Genres, soweit sie sich
weltweit angeglichen haben, haben in den verschiedenen Ländern nicht denselben Anklang
gefunden. Angesichts ihrer zusammenfassenden Funktion werden sie in dieser Arbeit nicht
detailliert analysiert, sondern es werden im Großen und Ganzen nur die Grundaspekte
abgehandelt, um den Überblick nicht zu verlieren.
Journalistische Texte existieren in vielfältigen Formen, die sich in den letzten Jahren
weiterentwickelt haben. Aufgrund einer Unterteilung der vorherigen Gattungen, die sich
vermischt haben, bedarf es einer neuen Klassifizierung, um dieses moderne Phänomen zu
erläutern. Jedenfalls lassen sich vier Grundtypen unterscheiden: die Nachricht, die
Reportage, der Kommentar und das Interview.
1
Lüger nimmt eine funktionale Einordnung der oben erwähnten Gattungen vor und
differenzieret folglich tatsachenbetonte Texte (Nachricht, Reportage, Meldung),
meinungsbetonte Texte (Kommentar, Kritik, Leitartikel) und phantasiebetonte Texte
(Novelle, Kurzgeschichte, Erzählung, die meist in dem sogenannten Feuilleton-Zeitungsteil
vorkommen). Diese Formen entsprechen den drei publizistischen Funktionen: Information,
Meinungsbildung und Unterhaltung.
2
Die Verfassung aller Zeitungstexte folgt dieser
Darstellungsform. Obwohl die Klassifizierung oft stark variieren kann, sei eine der gängigsten
Zuordnungen in der folgenden Tabelle wiedergegeben.
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1
Vgl. S. Ruß-Mohl, Journalismus. Das Lehr- und Handbuch, Frankfurter Allgemeine Buch, Frankfurt am Main
2010, S. 44
2
Vgl. H-H. Lüger, Pressesprache, Niemeyer, Tübingen 1995, S. 17
3
Ebd., S. 18
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Eine goldene Regel im Journalismus ist, die Fakten getrennt von den Meinungen zu halten. In
dieser Hinsicht wurden die Textsorten entworfen, um diese Trennung zwischen
informierenden und kommentierenden Schreibweisen zu erlangen. Diese Trennung ist in
den Tageszeitungen aus der ganzen Welt erkennbar, alle setzen sie in die Praxis um.
PUBLIZISTISCHE FUNKTIONEN
Information Meinungsbildung Unterhaltung
Harte Nachricht Leitartikel Feuilleton (Kritik,
Kurzgeschichte,
Fortsetzungsroman)
Leichte Nachricht Kommentar
Feature Kolumne
Bericht Glosse
Reportage Essay
Interview
1.1 Informationsbetonte Texte
Hier werden Nachricht, Bericht, Reportage und Feature in Erwägung gezogen, da sie die
gewöhnlichen Texte dieser Kategorie darstellen.
1.1.1 Die Nachricht
Unabhängig von der Unterteilung gibt es keinen Zweifel, dass die Nachricht das
charakteristischste Genre repräsentiert. Sie ist die wichtigste und ursprüngliche Textsorte,
die als «das alltägliche Schwarzbrot journalistischer Berichterstattung»
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definiert wird.
Protagonisten und Handlungen befinden sich im Herzen des einleitenden Absatzes, aber bei
einigen Gelegenheiten stehen beschreibende Details im Vordergrund, die dazu dienen, die
Aufmerksamkeit des Lesers einzufangen. Die journalistische Gepflogenheit unterrichtet, das
Verb müsse in aktiver Form sein, obwohl die passive Form häufig tatsächlich verwendet
4
S. Ruß-Mohl, zit. S. 44