VIOLA ROGGENKAMP
>> Ich fahre da durch!<< Wir kamen von Auschwitz. >> Das kannst du doch nicht so einfach hinschreiben.<<
Aber es war so, und die Geschichte hatte wirklich auch ihre komischen Seiten. Weil
meine Mutter behauptete, sie könne im Dunklen besser sehen als ich. >> Und
au β erdem ist das schlie β lich mein Auto, du hast mich nie an dein Steuer gelassen,
jetzt fahre ich.<< Darum also fuhr sie auf der Rückfahrt von Polen durch die DDR,
und so kamen wir, ohne es zu merken, von der Transitstrecke Richtung Hamburg ab.
>> Du warst eingeschlafen. Deswegen. Du hast die ganze Zeit geschlafen.<<
Ich? Eingeschlafen? Während sie fuhr? Die Transitstrecke war zum
Einschlafen. Ich war vielleicht kurz eingenickt. Man fuhr und fuhr, ohne sich zu
bewegen, immer schön hundert, und so stand man auf der Stelle, während drau β en
die DDR vorbeischlich. >> Das langweiligste Land der Erde.<< Das ist nicht von
meiner Mutter. Das ist von dem DDR-Poeten Volker Braun.
Auf keinem Autobahnschild war Hamburg angeschrieben. >> Die haben doch
so getan, als existierten wir überhaupt nicht.<< Die Welt endete in Gudow/Zarrentin.
Gudow war die erste Tankstelle im Westen, gleich hinter der Grenze. Aber wer
kannte schon Gudow? Gudow hörte sich an wie DDR.
Ihren Führerschein machte meine Mutter mit 65 Jahren, bald darauf starb
mein Vater, was damit aber nichts zu tun hatte. Und danach fuhren wir nach
Auschwitz. Meine Eltern hatten die Nazizeit in Polen überstanden. Mein deutscher
Vater, ein kleiner kaufmännischer Angestellter in Krakau, hielt meine zukünftige
Mutter, seine jüdische Geliebte, und deren Mutter, vor den Nazis versteckt, und auch
vor den Polen. Nach seinem Tod wollte meine Mutter noch einmal dorthin. >> Das
bin ich ihm schuldig.<< Eigentlich hatte er mit ihr nach Polen reisen wollen. Er hatte
den Kontakt gehalten zu Freunden aus dem Widerstand. Sie hatte es immer
hinausgeschoben. Nun fuhr ich mit ihr.
>>Dann müssen wir durch die DDR.<<
Meine Mutter verabscheute die DDR. Für sie war die DDR eine Fortsetzung
von vielem, was sie an Deutschland zu hassen gelernt hatte.
2
VIOLA ROGGENKAMP
>>E adesso guido io!<< Arrivavamo da Auschwitz. >> Non puoi scriverlo così come se niente fosse.<< Ma le
cose stavano così e la storia aveva davvero anche i suoi lati curiosi. Infatti mia
mamma sosteneva di vedere meglio di me al buio. >>E poi in fin dei conti questa è la
mia macchina, non mi hai mai permesso di guidare la tua, ora tocca a me.<< Quindi
guidò lei durante il viaggio di ritorno dalla Polonia attraverso la RDT e così, senza
accorgercene, ci allontanammo dall'autostrada per Amburgo. >>Ti eri addormentata.
È per questo. Hai dormito tutto il tempo.<<
Io? Addormentata? Mentre lei guidava? L?autostrada conciliava il sonno.
Forse mi ero appisolata per poco. Continuavamo a viaggiare, senza muoverci,
mantenendo una velocità elevata, tanto che sembrava di esser fermi, mentre fuori la
RDT scivolava via. >>Il paese più noioso del mondo.<< Non sono parole di mia
madre, ma di Volker Braun, poeta della RDT.
Su nessun cartello autostradale compariva la scritta Amburgo. >>Questi
hanno fatto come se noi non esistessimo affatto.<< Il mondo finiva a
Gudow/Zarrentin, la prima stazione di rifornimento dell’ovest, proprio dietro il
confine. Ma chi conosceva già Gudow? Questo nome sapeva di RDT.
La patente mia madre la prese a 65 anni, poco dopo mio padre morì, ma
questi due avvenimenti non erano tra loro collegati. In seguito andammo ad
Auschwitz. I miei genitori erano sopravvissuti al periodo nazista in Polonia. Mio
padre, un piccolo impiegato di commercio tedesco a Cracovia, nascose la sua amante
ebrea, nonché mia futura madre, e la madre di lei dai nazisti e anche dai polacchi.
Dopo la sua morte mia madre volle recarsi ancora una volta in quei luoghi. >>Glielo
devo.<< In realtà mio padre avrebbe voluto andarci con lei. Si era tenuto in contatto
con i compagni della Resistenza, ma lei aveva sempre rimandato. Ora toccava a me
accompagnarla in questo viaggio.
>>Poi dobbiamo attraversare la RDT.<<
Mia madre la odiava, per lei era una delle tante cose che aveva imparato ad
odiare della Germania.
3
>>Meinst du, ich habe Angst von denen? Wofür hältst du mich? Ich fahre da
durch!<< Wir nahmen natürlich ihren Wagen. Eine gro β e Limousine, ein japanisches
Modell. >>Den hat er noch gefahren<<, sagte sie und tätschelte seinen Kotflügel.
Mein Vater hatte meine Mutter nur ungern an sein Steuer gelassen, am liebsten
überhaupt nicht. >>Wie kannst du so etwas sagen? Nachher war er dankbar, da β ich
ihn ablösen konnte.<<
Also, wir fuhren los Richtung Polen und kamen dort auch an, und auf der
Rückfahrt kauften wir vor der Grenze in Szczecin zu essen und zu trinken ein.
>>Denn da kriegst du mich in keine Raststätte! Den DDR-Schlangenfra β können die
behalten. Die wollen nur mein Westgeld.<< Wir tankten vor dem Grenzübergang
voll. >>Auf keinem Fall lasse ich DDR-Benzin in meinen schönen Motor. Damit
kommen wir bis nach Hamburg.<< Dem polnischnen Tankwart gaben wir uns unsere
letzten Zlotys, wir hatten ein dickes Bündel Scheine übrigbehalten, worauf er noch
einmal sämtliche Scheiben putzte und dazu die Scheinwerfer und beide
Nummernschilder.
Polen war anstrengend gewesen für sie. In Polen war ich gefahren. Sie hatte
mir ihr Auto völlig überlassen.
Vor dem Übergang in die DDR aber sagte sie: >>Jetzt fahre ich.<<
Es würde bald dunkel werden, und ich zögerte. Sie trommelte mit ihren roten
Fingernägeln auf das Autodach. <<Na, gib schon her. Du bist in den zehn Tagen
immerzu gefahren. Du muβt dich ausruhen, und im übrigen sehe ich im Dunkeln
besser als du.<<
Ich gab ihr die Wagenschlüssel. Sie setzte sich hinter das Steuerrad, etwas
erhöht auf ein Kissen, sie zog ihre hochhackigen Pumps aus und schlüpfte in flache
Schuhe, sie schob den Sitz nach vorn, stellte den Seitenspiegel ein, malte sich im
Rückspiegel die Lippen nach, schnallte sich an, und dann fuhren wir los. Der
polnische Tankwart winkte uns nach.
Sie sah es und sagte zu mir: >>Es war doch auch schön in Polen, findest du
nicht?<<
Denn es war auch furchtbar gewesen. Bilder, übermächtig, waren in ihr
auferstanden und hatten die Gegenwart bezwungen.
4
>>Pensi che io abbia paura di loro? Per chi mi prendi? Io la attraverso, la
RDT!<< Naturalmente prendemmo la sua macchina, una grossa berlina, modello
giapponese. >> Questa l’ha ancora guidata tuo padre<< disse, accarezzandone il
parafango. Mio padre gliela cedeva solo malvolentieri, preferiva guidarla sempre lui.
<<Come puoi dire una cosa del genere? Dopo era riconoscente che io potessi dargli il
cambio.<<
Allora, partimmo per la Polonia e vi arrivammo ed al ritorno comprammo da
mangiare e da bere prima del confine a Stettino. >>Perché là non riuscirai a
trascinarmi in nessun autogrill! Se le possono tenere le schifezze della RDT.
Vogliono solo i miei soldi occidentali.<< Facemmo il pieno prima di attraversare il
confine. >>Nella maniera più assoluta non voglio benzina della RDT nel mio bel
motore. Con questa arriviamo ad Amburgo.<< Demmo i nostri ultimi zlotys al
benzinaio polacco, avevamo ancora una grossa mazzetta di banconote, con cui lo
ricompensammo per averci pulito tutti i finestrini, i fari ed entrambe le targhe.
La Polonia l’aveva stancata, infatti avevo guidato io: mi aveva
completamente affidato la sua macchina.
Però, prima di attraversare il confine con la RDT, disse: >>Ora guido io.<<
Sarebbe diventato presto buio ed io esitai. Tamburellò con le sue unghie
laccate di rosso sul tetto della macchina. >>Dai, dammi qui. In questi dieci giorni hai
guidato sempre tu. Devi riposarti e poi del resto io vedo meglio di te al buio.<<
Le diedi le chiavi. Si mise al posto di guida, seduta sopra ad un cuscino per
essere più alta, si tolse le scarpe col tacco e ne infilò un paio basse, avvicinò il sedile
al volante, regolò lo specchietto laterale, si mise il rossetto guardandosi nello
specchietto retrovisore, si allacciò le cinture e poi partimmo. Il benzinaio polacco ci
salutò.
Mia madre lo vide e mi disse: >>Tutto sommato è stato bello in Polonia, non
trovi?<<
Ma era stato anche terribile. Immagini pressanti erano risorte in lei ed
avevano soggiogato il presente.
5
Ich war neben ihr gegangen, und sie war woanders gewesen. Erkannte sie mich,
erschrak sie über meine Anwesenheit, mich durfte es nicht geben. Entdeckte sie die
Veränderung in der Zeit und war ihre Seele dem Einschluβ ins Vergangene wieder
entkommen, zuckte ihr Gesicht, als hätte sich eine Hand über ihren Mund gelegt,
schüttelte sie den Kopf und weinte stumm. Konnte sie wieder sprechen, entschuldigte
sie sich, davon nichts sagen zu können.
Als ich ihr die Wagenschlüssel gab, beunruhigt, ob sie sich auf das Fahren
würde konzentrieren können, sagte ich mir, sie hat viel überlebt, wir werden schon
heil in Hamburg ankommen.
Am Grenzübergang Kolbaskowo/Pomellen reichte ich dem polnischen
Grenzsoldaten unsere Pässe zum Wagenfenster hinaus. Er verschwand, kam wieder,
gab uns die Papiere zurück, salutierte vor meiner Mutter, die sich auf Polnisch
bedankte, und sie fuhr langsam weiter.
>>Hast du gesehen? Er hat gelächelt.<< Sie zog sich am Steuerrad in eine
gerade Position. >>Jetzt kommen die Deutschen.<<
>>Wir lassen uns auf keinen Fall provozieren<<, sagte ich.
>>Warum sollen die uns provozieren? Mich können die überhaupt nicht
provozieren.<<
>>Eben, das meine ich.<<
>>Deine Mutter hat schon ganz andere Situationen durchgestanden.<<
Es war niemand da. Das Grenzhäuschen war verschlossen. Am Fenster waren
die Gardinen zugezogen. Kein anderes Auto war vor oder hinter uns.
Wir standen und warteten. Die Wagenfenster hatten wir heruntergelassen.
Drauβen dämmerte ein samtweicher Maiabend herauf.
>>Und nun?<< Sie lachte.
Niemand kam. Auch kein anderer Wagen.
>>Also, ich will heute noch nach Hamburg.<< Meine Mutter nahm den Fuβ
von der Bremse, und wir rollten langsam weiter.
Ein Mann in Uniform stand plötzlich vor dem Kühler. Während wir noch
nach rechts zum Grenzerhaus gesehen hatten, war er offenbar aus dem Gebüsch von
der anderen Seite gekommen und herrschte meine Mutter an.
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